Der ältere Bruder holt auf

Um unser “Who is Who” der Weinbrände zu erweitern, möchte ich euch heute den Armagnac vorstellen. Oft unterschätzt, von Kennern geliebt und immer so ein bisschen das Stiefkind der französischen Weinbrände.

Als ältester Weinbrand Frankreichs ist er vielen gar nicht bekannt. Streng kontrolliert und qualitativ unglaublich hochwertig, ist der Armagnac mindestens dem Cognac gleichwertig.
Aber Schluß mit dem Vergleich.
Wer Armagnac als den “schlechteren” Cognac betrachtet, liegt hier fundamental daneben! Es ist mir deshalb ein großes Bedürfnis, den Armagnac einmal vorzustellen und bestehende Vorurteile zu entkräften. Für alle, die den Armagnac noch nicht kennen, sei gesagt, dass er ein absolutes Luxusprodukt ist.
Ich bin eine passionierte Verehrerin dieses breitgefächerten Weindestillats.
Es gibt auch einige bedeutsame Unterschiede zum Cognac. Dazu hier später mehr.

Der Methusalem unter den Weinbränden

Seit 1461 gibt es Nachweise, dass Armagnac hergestellt wurde. Eine Urkunde im Musée de l´Armagnac in Condom bezeugt, dass damals eine Brennerei im Département des heutigen Landes genehmigt wurde. Somit ist sie sogar die älteste, bekannte Spirituose Frankreichs.

Damals, wie fast alle Destillate, wurde er ausschließlich zu medizinischen Zwecken genutzt. In den Nachkriegsjahren war die Nachfrage so groß, dass die Exklusivität verloren gegangen ist und die Destillateure sich nie von diesem Imagerückgang erholt haben. Bis heute haftet ihm, wie oben erwähnt, der Ruf des “schlechteren Cognacs” an.

Was gibt die Landkarte her?

Es gibt drei große Anbaugebiete, die Terroirs: Bas Armagnac (Unterarmagnac), Haut Armagnac (Oberarmagnac) und Ténarèze, mit den Départements Gers, Landes und Lot-et-Garonne. Das ganze Gebiet liegt in der Gascogne in Frankreich. Die Terroirs Bas und Haute Armagnac wurden aufgrund der geographischen Höhenunterschiede so genannt, nicht zur qualitativen Unterscheidung.

Aus Bas Armagnac kommen die qualitativ besten Armagnacs. Dort sind vorwiegend sandige, lockere Böden, die milde Weine hervorbringen. Diese können auch schon jung getrunken werden. Dieses Klima bringt die besten Voraussetzungen für den Armagnac mit.
Im Terroirs Haut Armagnac finden die Winzer ausschließlich tonigen Kalkstein vor.
Im Ténaréze gibt´s von beidem etwas. Sowohl sandiger Lehmboden als auch Kalksteinböden.

Es sind 10 Rebsorten für den Armagnac zugelassen. Das sind vor allem Ugni Blanc, Baco Blanc, Colombard und Folle Blanche.
Die Sorten Blanc Dame, Graisse, Jurançon Blanc, Mauzac, Mauzac Rose und Meslier-Saint-François spielen keine große Rolle, sind aber ebenfalls zulässig.

Auch der Armagnac muss schwitzen

Nach der Lese wird natürlich auch beim Armagnac destilliert. Aber nicht im Doppelbrandverfahren, wie bei den meisten der Weinbrandfamilie. Hier wird nur einmal destilliert und es wird auch keine Pot-Still-Anlage benutzt sondern eine Rektifikationsanlage.
Das ist eine spezielle Säulenbrennanlage mit Pot-Still-Anteil, die Armagnacais Alambic oder Armagnac Still genannt wird.

Die Rektifikationsapparatur befindet sich zwischen Kolonne und Kondensator. Das bedeutet, dass ein Teil des Weines wie immer in den Kessel kommt. Dann wird alles langsam erhitzt und durch Säulen geführt, bei denen verschiedene Kolonnen dafür sorgen, dass der Brand an diesen kondensiert. Bei den Kolonnen handelt es sich um Metallplatten, die durchlässig sind und dafür sorgen, dass der Destillationsdampf sich an ihnen fängt. So steigt das Destillat immer weiter nach oben, wo er dann als Dampf in den Kondensator gelangt und über die Serpentinen abgekühlt und verflüssigt wird.
Gleichzeitig wird in der Rektifikationsapparatur kalter Wein so durch den Kondensator geführt, dass der gekühlte Wein dafür sorgt, dass der Destillationsdampf, in den Serpentinen abgekühlt und verflüssigt wird.

Der nun erwärmte Wein wird so durch die Anlage geführt , dass er sich mit dem, vorher bereits erwähnten, erhitzen Wein zusammen im Kolonnenteil wiederfindet und so durch die Brennanlage und die Serpentinen über den Schwanenhals letztendlich auch ins Fass gelangt, wo Roh- und Feinbrand am Ende, gleichzeitig, aufgefangen werden.
Das ist eine sehr schonende Methode und sorgt dafür, dass der Armagnac wesentlich mehr Aroma erhält, als zum Beispiel der Cognac nach der Destillation.
Diese spezielle Destillation hat sogar einen eigenen Namen und wird “Méthode Armagnac” bezeichnet.

Des Winzers neue Fässer

Noch ein großer Unterschied zum Cognac ist, dass beim Armagnac immer neue Steineichefässer verwendet werden, die ein Volumen von 225 bis 420 Liter haben können. Die Bretter der sogenannten Schwarzen Eiche lagern 6 Jahre, bevor aus ihnen ein Fass werden darf.
Der Armagnac zieht so eine ganze Menge Aroma aus den noch jungfräulichen Fässern. Um zu verhindern, dass das Holzaroma zu dominant wird, wird er nach einer angemessenen Zeit in ältere Fässer umgefüllt.

Erfahrene Destillateure wissen genau, wann der Moment soweit ist, den Armagnac in ein anderes Fass umzulagern. Dort zieht er noch die Finesse und den Charakter, der ihn am Ende ausmacht und so beliebt machen.

Eine Lady wird nicht nach dem Alter gefragt, ein Armagnac schon

Die Altersbestimmungen des Cognacs gelten auch für den Armagnac:

V.S oder Very Special für den jüngsten Armagnac, also der jüngste Eau de vie ist mindestens 2 Jahre im Eichenfass gereift.

V.S.O.P. auch Very Superior Old Pale; für den mindestens 4 jährig gereiften, jüngsten Eau de vie, dieses Verschnitts.

X.O. / Extra Old ist gleichbedeutend mit Napoléon oder Hors d áge, bei dem der jüngste Eau de vie des Verschnitts 10 Jahre im Eichenfass gelagert wurde. Die Gesetzesänderung gilt seit 2018. Davor musste der jüngste Eau de vie, dieser Altersstufe, mindestens 6 Jahre lagern. Natürlich sind die vor 2018 hergestellten XO Armagnac oder XO Cognac auch noch auf dem Markt erhältlich und dürfen sich XO nennen.

Millésime gibt es nur beim Armagnac und kennzeichnet einen Jahrgangs-Armagnac.
Diese Jahrgangsbrände gibt es zum Beispiel beim Cognac nicht oder nur als Special Edition.

Das Etikett erklärt noch mehr:

Es gibt durchaus Häuser, die Armagnac gebiets- oder sortenrein herstellen, also ohne Trauben aus anderen Gebieten der Gascogne und dementsprechend deklariert werden.
Wenn auf der Flasche Haut Armagnac steht, heißt dass, das nur die qualitativ besonderen Trauben aus dem Haut Armagnac verwendet wurden.

Steht allerdings Appellation Armagnac auf dem Etikett, bedeutet dass, das Trauben aus verschiedenen Terroirs verwendet wurden.
Der Sortenverschnitt ist die gängigere Methode. Die Jahrgangs- oder Gebietsreinverschnitte sind exklusiver und dementsprechend teurer.

Wie ihr seht, ist der Armagnac so spannend wie vielseitig. Das wunderbare Handwerk was bis heute dahinter steht, die Exklusivität, als auch die Qualität, die die Winzer in die Flasche bringen, machen ihn zu etwas ganz Besonderem. Ob Jahrgangsarmagnac oder Armagnac, der nur aus einem der wundervollen Terroirs her stammt. Der Stolz der Franzosen gilt gerne mal als arrogant und verwerflich. Hier ist das aber durchaus berechtigt. Den Armagnac-Winzern ist ihr Lebenselixier heilig und sie geben fast immer ihre Expertise und die Weingüter an die nächsten Generationen weiter.
Ich hoffe wirklich, dass ich eure Neugier wecken konnte und ihr einen oder mehrere der verschiedensten Armagnacs probieren werdet.
Es lohnt sich und zum jetzigen Zeitpunkt sind die teuersten Armagnacs noch günstiger, als die manchmal auch überschätzten teuersten Cognacs.
Also eine Menge Gründe einfach mal was Neues zu probieren.

Wie immer gilt hier sharing is caring…

Wenn euch der Artikel gefallen hat, würde ich mich sehr über Feedback freuen. Genauso suchen wir immer auch neue Ideen über Artikel, die wir schreiben können, um dem Thema mehr Tiefe zu geben. Also immer her mit den Fragen und Anregungen. Und bitte fleißig teilen. Danke fürs lesen und bis zum nächsten Mal.

https://de.wikipedia.org/wiki/Armagnac_(Weinbrand)
https://www.pellehaut.com/gb/blog/le-domaine/armagnac
https://www.darroze-armagnacs.com/
https://chateaudelaubade.com/article/welcome-to-chateau-de-laubade?lang=fr