Pikanterie – Wie steht’s um die Zukunft der Gastronomie?

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Geschrieben von: Anja

Schreiben, bloggen, online veröffentlichen ... hier mit den Themen Brandy, Kunst, Kultur und Lifestyle. Ausgestattet mit Fachwissen und Erfahrung aus Hotellerie und Gastronomie habe ich hier eine neue Leidenschaft gefunden.

12. Februar 2024

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Klischees gibt es viele und der Satz – Nur die Harten kommen in den Garten. – trifft wohl nirgends so sehr zu, wie auf die Gastrobranche. Man trifft Kollegen im Geiste und sobald man sich zu erkennen gibt, ist man auf magische Weise verbunden.

Bei Restaurantbesuchen sind branchenfremde Freunde oft erstaunt, wenn ich mit einem fremden Servicemitarbeiter plötzlich anfange zu reden, als kennen wir uns schon mindestens seit dem Kindergarten.

Es ist eine eigenartige Verbundenheit, die ein unsichtbares Band flicht und den Kontakt mit jedem aus der Gastrobranche wie ein Pilzgeflecht unter der Erde verknüpft.

Als wären wir zusammen im Krieg gewesen. Ich denke, das ist es, was mich von der Gastronomie und Hospitality nicht wegkommen lässt.

Wir haben alle dasselbe erlebt, wir waren quasi im Krieg und haben überlebt und das lässt sofort jede Fremde und Scheu verfliegen und sich einander näher fühlen als mit anderen Menschen.

Es dauert keine fünf Minuten, da werden Geschichten geteilt und Abenteuer aus dem à la carte Geschäft, aus der Küche oder von der Rezeption geteilt. Jeder übertrumpft jeden und alles, was man erlebt hat, schweißt zusammen. Da war der Gast, dem man solch eine Freude bereitet hat, dass man auch nach Jahren noch ein Dankeschön für diesen einen Abend bekommt.

Es gibt Überraschungen, die man zusammen ausheckt, um einen geliebten Menschen zu überraschen und der ist hinterher zu Tränen gerührt.

Es gibt diese Abende, wo du so unterbesetzt bist, dass du mit dem zuletzt verbliebenen Kollegen einen Abend mit über 100 Gästen allein schmeißt. Doch wenn ihr den Abend erfolgreich gemeistert habt, habt ihr eine Beziehung, die nicht in Jahren hätte aufgebaut werden können.

Das ist meine Gastronomie und Hotellerie, wie ich sie kenne und liebe. 

Doch sie bröckelt und stirbt langsam vor sich hin wie ein kranker Organismus, der von einem Virus befallen ist. Es geht langsam vonstatten, doch die Gastwirtschaft erstickt.

Sie erstickt unter staatlichen Auflagen und Restriktionen, stöhnt unter immer größer werdenden Hürden des Amtsschimmels und macht das Überleben im Hospitality-Bereich zum Hindernislauf, allerdings ohne Sieger.

Deshalb möchte ich euch von einem Gespräch mit einem gestandenen Restaurantbesitzer erzählen, der mir von seinen Schwierigkeiten, Sorgen und Zukunftsängsten erzählte und dass er befürchtet, auch bald den sprichwörtlichen Löffel abgeben zu müssen.

Er gehört zu den Traditionsbetrieben, ist schon über 20 Jahre in der gastronomischen Landschaft präsent, hat bis hierher überlebt und hat seit Restauranteröffnung praktisch immer dieselben Mitarbeiter. Er könne sich nicht mal vorstellen, auch nur einen von ihnen zu verlieren. 

Auch die Servicemitarbeiter, mit denen ich gesprochen habe, sagten mir, dass sie nicht mal auf den Gedanken kommen würden, den Betrieb wechseln zu wollen. 

Ein starkes Team, jederzeit bereit den Drachen zu töten.

Wir redeten über die Jahre vor dem großen C. Da war noch einiges möglich, aber schwer.

Wir redeten über die Jahre während des großen C´s. Da war fast alles unmöglich, aber sie hatten es geschafft. 

Und wir redeten über die letzen 2 Jahre, als alle dachten, jetzt könne man aufatmen, jetzt wird es leichter, jetzt muss es doch bergauf gehen.

Aber die Blickigen unter uns wussten, dass das dicke Ende oder doch der Anfang erst nach der Pandemie kommen würde. 

Als würde alles mit Verzögerung erwachen oder wie der Donner, der auch erst eine Weile nach dem Blitz die Leute zu Tode erschreckt.

Er erzählte von den Kosten, die die Umsätze auffressen, von den gestiegenen Löhnen, die er den Mitarbitern zu zahlen hat und ihnen auch gerne zahlen möchte, aber nicht weiß wo er die Diffenrenz hernehmen soll, da er die Preise nicht signifikant erhöhen kann.

Er erzählt von den gestiegenen Lebensmittelkosten, den Energiekosten, den gestiegenen Kosten bei den Lieferanten und alles dreht sich wie ein Strudel und er geht langsam unter, weil er sich nicht mehr über Wasser halten kann.

Und so stehe ich da, höre ihm zu und erzähle von meinen Schlachten, von unseren Schlachten. Denn Einzelunternehmer haben es mindestens genauso schwer und so zeigen wir uns sehr verletzlich unsere Wunden, spenden uns Trost im Zuhören und versuchen mit den verschiedenen Erfahrungen Lösungen zu finden.

Denn ich weigere mich aufzugeben. Ich weiß, dass ich gerne zynisch bin, aber das haben Menschen an sich, die stets hohe Erwartungen an sich und andere haben. Ich lass mich lieber einmal mehr enttäuschen, als nicht mehr zu vertrauen.

Aber ich bekomme so auch immer wieder den Hintern hoch, weil ich Ehrgeiz habe, etwas zu schaffen oder zu erschaffen.

Und so vertraue ich auf uns, darauf, dass wir uns gegenseitig unterstützen, die Verbindung nutzen, das Myzel anzapfen und von den Erfahrungen untereinander lernen, um gestärkt daraus zurückzukehren.

Ich möchte zeigen, dass die Gastfreundschaft nicht tot ist, dass die Gastwirtschaft nicht tot ist und dass sie sich erholen kann. 

Ich möchte noch weiter mit Kollegen schwatzen, ob man noch wüsste, wie der eine Gast einen das eine Mal angeschrien hat, oder ob der Heiratsantrag von damals noch verheiratet ist? Ist der Daumen des einen Kochs wieder dran, der das eine Mal in der Küche diesen Unfall hatte?

Ja, Gastro und Hotellerie ist nix für Waschlappen…

Und mit diesen Worten entlass ich euch nun, ich weiß ihr habt zu tun. 

Das Mise en place macht sich nicht von allein.

Man liest sich beim nächsten Mal.

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