Haben AnnenMayKantereit „12“ eigentlich wirklich so überraschend veröffentlicht, wie ich meine?

Auf alle Fälle war „12“ möglich… nach dem alle zwischen 12 und 50 in Sangria Laune „Pocahontas“ mitgegröhlt haben und damit den Song auf alle Zeit hinaus getötet haben, musste was Neues her, sind AnnenMayKantereit doch wohl das populär-musikalische Musikwunder der letzten Jahre. Und auf „12“ verarbeiten sie für sich das Jahr 2020.

Musik zum Zuhören also.

Mir wurden Annen May Kantereit förmlich durch „Hurra die Welt geht unter“ von K.I.Z. und Henning Mays kraftvolle Singstimme ins Bewusstsein gestoßen. Der Song ist heute noch der Knaller und einfach nur großartig.

Ob das für „12“ von AnnenMayKantereit auch gilt, ist völlig uneins.

In der Kritik wird das Ding verrissen, mag halt an der Erwartungshaltung liegen, die jeder für sich in Musik und Bands hineinlegen kann.

Jeder Song für sich ist unperfekt produziert…. Musiziert und gesungen ist es natürlich typisch AMK … unzweifelhaft gut, wenn man‘s mag.

„12“ von AnnenMayKantereit rekapituliert das Jahr 2020 musikalisch aus der Sicht des Trios.

Und mit „Spätsommerregen“ haben die drei auch einen Popsong auf die Platte gepackt, die das Pocahontas-Publikum mitnehmen dürfte.

Nun darf man „12“ nicht hören, wenn man vorher Rezensionen dazu gelesen hat, „unfertig“ „Skizzen“ , schlimmste Form hangemachter studentischer Musik…. Wunderbar, wie man Musik zerreißen kann. Da war es wieder, das typische deutsche Phänomen, dass man das, was irgendwie gut und anders ist, erstmal kaputt schreibt. Natürlich, weil AnnenMayKantereit all die Hipster, Nerds und weiß der Vogel, ja selbst mich einsammelt und somit sowas wie moderner intellektueller Schlager sein könnte… ja wenn man das in so einen Schublade hineinkristisieren will, damit man gelesen wird als Rezensient, dann soll es so sein.

Natürlich fühlt und hört sich „12“ unfertig an, die wenigstens Stücke gehen über die 3 Minuten und sind dazu alles andere als massenmedienkompatibel. Aber gerade das, ist irgendwie ziemlich nice und gefällt mir. Hoffentlich bekommen AnnenMayKantereit nie irgendeinen dieser bescheuerten Musikpreise oder haben sie schon? Hoffentlich nicht.

Das ist alles so angenehm unperfekt und so kann es bleiben.

Oder eben perfekt werden, geht auch, ich glaube der Weg von AMK ist nach diesem 3. Album ihrer Musikkarriere noch nicht ganz vorgezeichnet. Und vielleicht haben wir ja Glück und es wird nicht kritikergerscht und plattenfirmenkompatibel zurechtgeschliffen, was da so angenehm anders ist.

Das wirklich deprimierende ist, dass in „12“ von denen, die es einfach Scheiße finden, genau das hineininterpretiert wird, was es wohl gar nicht sein will… das revolutionäre Rettungsalbum, dass in der Pandemie die Laune steigert. Ja nun, schafft es nicht, muss es auch gar nicht. Es ist nunmal nur so halbfertig und dann belassen wir es auch dabei. Es kann und will nicht retten.

Dass es so unfertig, die Musikpresse nur so mittel mitnimmt, ist halt so. Betrachtet man das Album mal davon losgelöst und lässt sich auf ein musikalisches Experiment mit sich selbst ein und hört das Ding einfach mal durch, und dann nochmal…und nochmal…

Wie auch immer, ich mag „12“. Und dann ist es halt am Ende doch nur Pop-Musik, die sich mehr zuspricht, als sie zu leisten im Stande ist, oder von der eben mehr erwartet wird, weil AnnenMayKantereit heimlich die Hoffnung nach neuer deutscher Popmusik ist, die was ganz Besonderes werden soll.